Ein kreatives Prinzip in therapeutischer Arbeit und eine neue Perspektive auf Selbst- und Fremdwahrnehmung
In traditionell therapeutischer Arbeit wird häufig die Projektion als Spiegel innerer Prozesse genutzt. Die Metapher „Spiegel“ zeigt jedoch Grenzen, insbesondere bei Verzerrungen und emotionaler Intensität. Kommt dazu, dass „Spiegeln“ generell immer häufiger von Menschen genutzt wird, um zwischenmenschliche Problematiken zu beschreiben.
Die „Fenstermetapher“ dient als komplementäres Prinzip für traditionelle Konzepte und Alternative für einfache „Spiegel-Prinzipien“. Ein Fenster, das zum Beispiel geöffnet oder geschlossen werden kann, schafft die Möglichkeit, Distanz zu wahren, während zugleich ein klarer Blick auf innere Dynamiken gelingt. Die Fenstermetapher als kreatives Prinzip beinhaltet also Projektion sowie einen „Raum dahinter“, für beobachtende Auseinandersetzung mit, zum Beispiel, Projektionen und komplexen psychischen Inhalten. Das Fenster kann Reflexionsprozesse und emotionale Distanzierung fördern, um Menschen zu mehr Autonomie und Klarheit zu verhelfen.
Die Fenstermetapher zeigt sich in praktischer Arbeit als hilfreiches Tool. Menschen berichten von einer besseren Fähigkeit, sich von emotional intensiven Projektionen zu distanzieren und einen klareren Blick auf innere Konflikte zu gewinnen. Das Öffnen oder Schließen und gegebenenfalls weitere individuelle, kreative Ausgestalten der Metapher „Fenster“ stärkt das Gefühl von Kontrolle und ermöglicht sanfte, dabei reflektierte Auseinandersetzung mit unbewussten Inhalten.
Die Fenstermetapher kann die traditionelle therapeutische Arbeit, zum Beispiel mit Komplexen, um eine dynamische und praktische Perspektive ergänzen und vertiefen. Die Metapher unterstützt dabei, emotionale Ladung in Verbindung mit dem inneren Prozess natürlich zu regulieren. Forschung könnte untersuchen, wie dieses kreative Prinzip weiterentwickelt und in verschiedenen therapeutischen Kontexten angewendet werden kann.
Das Fensterprinzip entstand im Rahmen einer Aufstellung im Kunstitut am 17. Februar 2024 und findet seither kontinuierlich Anwendung in der Arbeit mit Creative Spiritual Care. Auf dem 11. INFAP3-Forschungstag im Rahmen des XXIII International Congress of Analytical Psychology vom 24. bis 29 August 2025 in Zürich wird es auf einem Poster vorgestellt.
© Ulrike Streck-Plath 2024