
Die „Zweite Aufklärung“ baut auf der traditionellen Aufklärung auf, die Vernunft und Wissenschaft ins Zentrum stellte, um den Menschen von dogmatischen Glaubenssystemen zu befreien. Doch die zweite Aufklärung geht den entscheidenden Schritt weiter: Sie zielt darauf ab, Spiritualität, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften ganz natürlich miteinander zu verbinden, um ein umfassenderes Verständnis des Menschen und seiner Verortung im Universum zu schaffen. In dieser Sichtweise ist Spiritualität, sondern eine grundlegende Dimension allen Lebens – sie durchdringt alles, was existiert, und bildet das fundamentale Potenzial, das jedem Lebewesen zugrunde liegt. Spiritualität ist die essenzielle Struktur des Seins, die das Leben und die Verbindung zu einer tieferen Quelle ermöglicht.
Diese Quelle, die als universelle Liebe verstanden wird, bildet die Basis für das gesamte Lebendigsein und ermöglicht uns nicht nur eine tiefere Verbindung zu uns selbst, sondern auch zu allem anderen, was existiert. Spiritualität ist somit nicht nur ein zusätzliches Element des Lebens, sondern die Grundstruktur, die das Leben überhaupt erst ermöglicht und unterstützt. In dieser erweiterten Perspektive erkennen wir, dass der Mensch und die Welt nicht isoliert voneinander existieren, sondern in einem dynamischen, miteinander verbundenen Prozess stehen.
Die Zweite Aufklärung erkennt, dass es notwendig ist, den rationalen Kern der Spiritualität zu verstehen und diesen in die wissenschaftliche Betrachtung einzubeziehen. Wenn wir Spiritualität als diese fundamentale Dimension des Lebens begreifen und ihre Konsequenzen auf das individuelle und kollektive Leben verstehen, entsteht eine neue Möglichkeit, Wissenschaft und spirituelle Praxis miteinander zu verbinden. Der rationale Zugang zu Spiritualität und das Erkennen ihrer verbindenden und heilenden Kraft eröffnen neue Wege des Wissens und des Handelns. Die Zweite Aufklärung fordert uns dazu auf, den Menschen als ein Wesen zu begreifen, das sowohl von naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Erkenntnis als auch von dieser tiefen, transzendierenden Quelle geprägt wird – und dass diese Bereiche zusammenwirken müssen, um das ganze Potenzial des Menschen und des Lebens zu entfalten.
© Ulrike Streck-Plath, Stand: 16. Februar 2025